Die Wiederherstellung der ökologischen Durchgängigkeit stellt eine der zentralen Aufgaben für die Wasserwirtschaft der heutigen Zeit dar. Durch die Errichtung von Wehren und Staustufen wurden im Laufe der Jahrhunderte zahlreiche Wasserstraßen angestaut, um beispielsweise Mühlenräder anzutreiben oder Schifffahrt betreiben zu können. Durch künstlich errichtete Querbauwerke sind die meisten Gewässer kaum oder gar nicht mehr für aquatische Organismen passierbar, wodurch z.B. Fischen die Wanderungen innerhalb der weit verzweigten Gewässernetze unmöglich werden. Mit der Novellierung des Wasserhaushaltsgesetzes wurde die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) im Jahre 2010 verpflichtet, die ökologische Durchgängigkeit an den von ihr errichteten oder betriebenen Stauanlagen an Bundeswasserstraßen zu erhalten bzw. wiederherzustellen, sofern dies zur Erreichung der Ziele der Wasserrahmenrichtlinie erforderlich ist. Dieser gesetzlichen Verpflichtung kommt die WSV auch an der Bundeswasserstraße Lahn nach.
Im Rahmen der Action A 5 ist geplant, die laufenden Tätigkeiten zur Wiederherstellung der ökologischen Durchgängigkeit der Lahn durch die Bereitstellung von Grundlagendaten und die Erstellung/Beauftragung von Vorstudien und Gutachten zu unterstützen. Hierdurch sollen die erforderlichen Planungsprozesse beschleunigt und die Kommunikation zwischen allen Beteiligten verbessert werden. Die konkrete Planung und die Errichtung neuer Fischaufstiegsanlagen an der Bundeswasserstraße Lahn werden durch das LiLa-Projekt unterstützt, aber federführend an anderer Stelle innerhalb der WSV bearbeitet.
Im Jahre 2016 wurde als eine weitere LiLa-Maßnahme das sogenannte Fischschleusungsmanagement entwickelt. Es wird an der Staustufe Lahnstein (Lahn-Kilometer ca. 135,960) durchgeführt, dem ersten Wanderhindernis vom Rhein flussaufwärts in die Lahn. Da der in Lahnstein vorhandene Beckenfischpass aus dem Jahre 1957 sowie die beiden Aalrohre in den Wehrpfeilern nur sehr eingeschränkt funktionsfähig sind und der Bau einer neuen Fischaufstiegsanlage u. a. aufgrund der schwierigen örtlichen Gegebenheiten noch in Planung ist, wurden im Rahmen des LIFE-Projektes die Grundlagen zum Fischaufstieg durch Schiffsschleusen untersucht und das Fischschleusungsmanagement Ende Dezember 2016 im Pilotbetrieb an der Schleuse Lahnstein eingeführt. Durch eine geeignete Steuerung der Schleusentore und Schütze sollen wanderwillige Fische in die Schleusenkammer geleitet werden und so flussaufwärts in die nächstgelegene Stauhaltung bzw. flussabwärts in den Rhein wandern können. Hierdurch soll eine zusätzliche Aufstiegsmöglichkeit für aquatische Organismen geschaffen werden, die den vorhandenen Fischpass zwischen Wehr und Wasserkraftanlage nicht auffinden oder passieren können. Diese Maßnahme (Action C 1) dient als temporäre Zwischenlösung der Verbesserung der ökologischen Durchgängigkeit, ist jedoch kein Ersatz für den Bau der benötigten Fischaufstiegs- und -abstiegsanlagen.
Im Rahmen einer ersten Befischungsaktion wurde im Frühjahr 2017 ermittelt, welche Fischarten in der Schleuse Lahnstein anzutreffen sind und den Schleusenkanal ggf. als Wanderkorridor nutzen. Hierfür wurde die Schleusenkammer unter Einsatz eines Autokrans und eines Tauchers nach und nach trockengelegt und durch geschultes WSV-Personal abgefischt. Die Auswertung des Fangs wurde durch Experten der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) und des Landesamtes für Umwelt Rheinland-Pfalz (LfU) durchgeführt. Im Ergebnis lässt sich zusammenfassen, dass insgesamt 166 Fische neun verschiedener Arten in der Schleusenkammer nachgewiesen werden konnten. Hierbei handelte es sich überwiegend um Kaul- und Flussbarsche, Brassen und Rotaugen; aber auch einige Welse, Zander, Güster und (Schwarzmund-/Kessler-) Grundeln konnten durch die Fischereiexperten bestimmt werden. Anschließend wurde das Fischschleusungsmanagement durch das Schleusenbetriebspersonal fortgeführt und in geeigneter Weise dokumentiert. Nach intensiven Abstimmungen mit BfG und Oberer Fischereibehörde (SGD Nord) wurden verschiedene Methoden zur Durchführung eines qualifizierten Monitorings näher untersucht. Im Frühjahr und Herbst 2018/2019 wurden die Fischwanderungen über die Schleuse Lahnstein täglich durch einen ortsansässigen Berufsfischer überwacht. Hierzu kam unter anderem ein fest installierter Baukran und eine speziell angefertigte Netzreuse zum Einsatz, welche in den Morgenstunden in die Dammtafelnischen am Oberhaupt der Schleuse Lahnstein eingesetzt wurde. Diese wurde im Oberwasser der Schleuse ausgerichtet und aufgespannt. Nach einer einstündigen "Ausschwimmphase" wurde die Reuse durch den Berufsfischer eingeholt, der Fang geborgen und sorgfältig ausgewertet. Im Anschluss konnten die vermessenen Fische wieder in die Lahn zurückgesetzt werden. Um statistisch aussagekräftige und vergleichbare Ergebnisse zu erhalten, mussten insgesamt vier Monitoring-Kampagnen durchgeführt und für jede ein Abschlussbericht angefertigt werden. Während der Befischungen im Frühjahr und Herbst 2018/2019 konnten insgesamt ca. 6.000 Fische aus 21 verschiedenen Arten in der Schleuse Lahnstein nachgewiesen werden. Am häufigsten waren die Schwarmfische Ukelei (Alburnus alburnus), Rotauge (Rutilus rutilus) und Flussbarsch (Perca fluviatilis) vertreten. Mittels Echolotungen konnte auch der Nachweis erbracht werden, dass sich nach Abschluss der Ausschwimmphasen noch weitere Individuen in der Schleusenkammer aufhielten. Die Befischungsergebnisse sind jedoch von vielen verschiedenen Parametern abhängig, z.B. von der Wassertemperatur, dem Sauerstoffgehalt sowie den Wasserständen und Abflüssen im Oberwasser und Unterwasser der Staustufe Lahnstein. Der Effekt einer wirksamen Leitströmung auf die Fangquote, d.h. das vermehrte Ausschwimmen der Fische aus der Schleusenkammer bei Einstellung einer fest definierten Leitströmung, konnte bisher nicht bestätigt werden. 2021/22 wurde eine Studie erarbeitet, in der die baulichen Möglichkeiten einer Querschnittseinengung am Untertor betrachtet und ein fischereibiologisches Planungskonzept zur Optimierung des Fischschleusungsmanagements aufgestellt wurden. Nach Auswertung aller Ergebnisse wird aktuell das weitere Vorgehen abgestimmt. Bei Bedarf kann das Fischschleusungsmanagement zu einem späteren Zeitpunkt auch auf andere Staustufen an der Lahn übertragen werden.
Der Luftbildaufnahme ist der Wanderkorridor über den Schleusenkanal und den Wehrarm Lahnstein zu entnehmen. Besonders schöne Beispiele der nachgewiesenen Fischarten zeigen die Fotos weiter unten (Zander, Nase, Flussbarsch, gefüllte Reuse).