In den Gemarkungen Gisselberg, Ronhausen und Cappel, südlich der Stadt Marburg, wurden auf einer Länge von 1,5 km rund 100 000 m³ Boden bewegt, um die Lahn dort mit ihrem Ufer zu vernetzen und vielfältige Lebensräume zu schaffen.
Verzweigungen und Aufweitungen des Flussschlauches, die Anlage von Kiesdepots und der Einbau von Totholz sorgen nun dafür, dass immer wieder neue Strömungsverhältnisse und Strukturen im Gewässer selbst und der angrenzenden Aue entstehen, sich das Gewässer eigendynamisch entwickelt.
Davon profitieren Fische, die im Lauf ihres Lebens ganz unterschiedliche Gewässerstrukturen benötigen: Neben einer guten Wasserqualität muss ihnen der Fluss auch Nahrung, Laichplätze und Schutz vor Freßfeinden bieten. In den Uferbereichen sollen sich vor allem Tierarten ansiedeln, deren Lebensraum durch die Änderung der klimatischen Verhältnisse bedroht sind. Dazu gehören z.B. bedrohte Amphibien wie die Kreuzkröte, Watvogelarten wie Bekassine, Kiebitz oder Flussregenpfeifer und verschiedene Fledermausarten, wie z. B. die Kleine Bartfledermaus oder der Große Abendsegler. Für den Erhalt dieser „Klimaverlierer“ werden gezielte Maßnahmen, etwa die Gestaltung der Ufer- und Auenbereiche oder die Anlage von Flachwasserzonen und Kleingewässern beitragen.
Die Chancen dafür stehen gut, denn der renaturierte Streckenabschnitt vernetzt die nahe liegenden Schutzgebiete „Auenverbund Lahn-Ohm“ (LSG), das Vogelschutzgebiet „Lahntal zwischen Marburg und Gießen“ und das Naturschutzgebiet „Unterm Wolfsberg“. Dort sind die seltenen Arten zu finden. Die „Gisselberger Spannweite“ hat daher als „Trittstein“ zur Vernetzung der wertvollen Lebensräume eine herausragende Bedeutung.
Die Mittel aus dem LIFE-Projekt „Living Lahn“ wurden mit Mitteln aus der hessischen Fischerei-Abgabe und dem Integrierten Klimaschutzplan 2025 (iKSP) auf insgesamt 1,8 Mio. Euro aufgestockt, um den größtmöglichen Effekt für die Natur zu erreichen. Die Flächen wurden durch die Stadt Marburg bereitgestellt.
unten: Interview des HR, Herr Pradella mit Elke Ebelt vom RP Gießen und Markus Porth vom Hessischen Umweltministerium am 01.Juli 2021